CDs
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NEUES
AUS
DER
M U S I K W E L T
JAZZ
Craig Handy
2nd Line Sm ith
2ND LINE SMITH
Okeh/Sony CD
Magnus Lindgren
SOULS
Content/Edel CD
(
45
’)
„Wir laden ein, zum Jazz wieder zu
tanzen“, meint Craig Handy, der
gefragte Saxofonist mit dem brei-
ten, erdigen Ton, im Booklet-Text.
Und liefert dafür ein Album mit pa-
ckend-schwitzigem Soul-Jazz. Stü-
cke aus dem Repertoire von Ham-
mond-B3-Altmeister Jimmy Smith
nimmt er sich vor, von „Organ Grin-
der’s Swing“ bis „Mojo Workin’“,
und übersetzt sie in einen zünftigen
New-Orleans-Groove, mit kochen-
der Orgel und hüpfenden Bassli-
nien vom Sousafon. Da wirkt ei-
ne Gesangsnummer mit Dee Dee
Bridgewater ein wenig verloren,
und selbst des Gastauftritts von
Wynton Marsalis hätte es kaum be-
durft. Laut hören!
klm
Es wird viel gesungen bei dem
schwedischen Holzbläser Magnus
Lindgren. Für sein neuntes eige-
nes Album hat der Sideman von Till
Brönner und Nils Landgren keinen
Aufwand gescheut und ein halbes
Dutzend Sänger/-innen eingeladen,
darunter Mark Reilly, Spiritus Rec-
tor von Matt Bianco, den brasiliani-
schen Songwriter Ivan Lins und den
letzthin so kometenhaft aufgestie-
genen Gregory Porter. Bis auf Lins
- nicht von ungefähr am überzeu-
gendsten - singen sie Songs von
Lindgren, der wiederum seine Gäste
recht geschmackvoll einbettet und
umspielt. Dazwischen gibt’s einige
instrumentale Coverversionen von
Pophits (Stevie Wonder, Sting).
klm
MUSIK ★
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KLANG ★
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MUSIK ★
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KLANG ★
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Randy Brecker
THE BRECKER BROTHERS
BAND REUNION
Moosicus/Indigo CD +
DVD (auch als LP)
(
73
')
Der Name der Band weckt Erinne-
rungen. In den 1970er Jahren grün-
deten der Trompeter Randy Bre-
cker und sein Bruder Michael ei-
ne äußerst erfolgreiche Forma-
tion, die knapp und bündig ihren
Familiennamen trug. Mit Alben wie
„Heavy Metal Be-Bop“ bescherten
sie den Fans schweißtreibender Fu-
sion-Sounds abenteuerliche musi-
kalische Gratwanderungen. Leider
lebt Michael Brecker nicht mehr.
Der einflussreiche Saxofonist starb
2007. Insofern lässt sich die Reani-
mation der Brecker Brothers Band
nur symbolisch auffassen. Unter
dem ehemaligen Bandnamen trafen
sich Gefolgsleute und einige Neu-
zugänge zu einer Studioproduktion
und live im angesagten New Yorker
„Blue Note“.
Dass es dennoch bei dieser Ses-
sion ziemlich heftig zur Sache
ging, liegt an den unterschiedli-
chen Temperamenten der mitwir-
kenden Gitarristen: Angefangen
bei Dean Browns rockig brachia-
len Einsätzen in „First Tune Of The
Set“ geht es weiter zu Mike Stern,
der in „The Slag“ sumpfige Blu-
es-Töne anschlägt, die wie Echos
aus einem nebelverhangenen Bay-
ou klingen. In „The Dipshit“ hat
dann Adam Rogers seinen großen
Auftritt. Der um Ideen niemals ver-
legene Künstler reichert die gleich
zum Fingerschnippen animieren-
de Boogaloo-Nummer mit motiv-
reichen Chorussen an. Auch Ran-
dy Brecker, der sich hier von der
mitreißenden Improvisationsstra-
tegie der Hardbop-Trompeter be-
flügeln ließ, ist solistisch voll in sei-
nem Element.
Den Part von Michael Brecker
übernahm die Saxofonistin Ada Ro-
vatti. Sie ist die Ehefrau des Leaders
und erledigt ihren Job eher unauffäl-
lig. Allerdings geriet durch ihr En-
gagement der Event wieder zur Fa-
milienangelegenheit.
Gerd Filtgen
MUSIK ★
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KLANG ★
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Keith J a rre tt
NO END
ECM/Universal
2
CDs (
9 3
)
CONCERTS BREGENZ/
MÜNCHEN
ECM/Universal
3
CDs (
150
‘)
Die Vorstellung entbehrt nicht ei-
ner gewissen Kuriosität. Da sitzt ein
Jahrhundert-Pianist im stillen Käm-
merlein und jammt mit der Elektro-
Gitarre vor sich hin. Umgeben von
einem Schlagzeugset, diversen Per-
cussion-Instrumenten, E-Bass und
einem standesgemäßen Steinway
entlockt er der Gitarre endlos anei-
nandergereihte Töne und nimmt die-
se mit einem Kassettenrecorder auf.
Dann unterlegt er seinen Sound-
track mit einem pulsierenden Rock-
rhythmus und nimmt beides mit ei-
nem zweiten Recorder auf. Und so
weiter, bis das Einmann-Trio, -Quar-
tett oder auch -Quintett fertig ist.
In Zeiten Mac-basierter digitaler
Mischpulte mag dies anachronis-
tisch anmuten. Tatsächlich stam-
men die Aufnahmen aus dem Jahre
1986. Also ein Jahr nachdem Keith
Jarrett in ähnlicher Weise „Spirits“
einspielte. Eine Dop-
pel-CD voller zauber-
hafter, orientalisch an-
mutender
Kleinode,
deren Luftigkeit von
Jarretts Spiel auf einer
pakistanischen Hirten-
flöte geprägt wird.
Um es gleich vor-
wegzunehmen:
Die
Magie der „Spirits“ strahlt „No End“
nicht aus. Wer Jarrett nur oberfläch-
lich als romantischen Klaviervirtuo-
sen kennt und schätzt, wird von der
neuen Doppel-CD enttäuscht sein.
Wer mit dem Gesamtwerk und der
Persönlichkeit des eigensinnigen
Künstlers vertraut ist, mag den an-
gestaubten Kassetten-Tracks durch-
aus Reiz abgewinnen.
Schon 1968 bediente sich der jun-
ge Jarrett als Multiinstrumentalist
und Profi der mehrspurigen Band-
aufnahmetechnik. Heraus kam mit
„Restoration Ruin“ ein erstaunlich
ausgereiftes Folk-Album, auf dem
neben seiner warmen, intonations-
sicheren Stimme (ja, er singt tat-
sächlich alle seine Songs!) vor al-
lem das versierte Spiel auf der akus-
tischen Gitarre auffällt.
Auf „No End“ greift er nun zur
E-Gitarre. Wobei er sich weder am
klassischen Jazzidiom noch am He-
xenwerk moderner Virtuosen orien-
tiert (schon während seiner kurzen
Zeit bei Miles Davis war Jarrett froh,
wenn John McLaughlin nicht mit auf
Tournee ging). Stattdessen erinnern
die verhaltenen, entspannten Läufe
eher an Jerry Garcfa, den verstorbe-
nen Gitarristen der Westcoast-Kult-
band Grateful Dead und an Bill Fri-
sell. E-Bass und Schlagzeug un-
terlegen dabei einen Puls, der den
melodiefreien, rockigen Sound der
Miles Davis Band der frühen 70er
Jahre aufleben lässt.
Weniger Überraschungen hält
die zweite aktuelle CD-Neuerschei-
nung von ECM bereit. „Bregenz/
München“ ist nämlich als Vinyl-Box
längst ein Klassiker, der nun endlich
auch als CD im Dreierpack vollstän-
dig vorliegt (den in Bregenz aufge-
nommenen Part gab es bereits auf
CD). Die 1981 im Münchener Her-
kulessaal und im Bregenzer Fest-
spielhaus mitgeschnittenen Solo-
konzerte stammen aus einer Zeit,
in der Jarrett das Publikum auf lan-
Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
Jarretts Home-
Recordings von
1968 und 1985
S f
i n
i s
ge und riskante Reisen entführt, es an
Mühen und Qualen teilnehmen lässt,
mit vertrackten Wendungen fordert
und mit lyrischer Schönheit belohnt.
„Bregenz/München“ ist kein „easy
listening“, und wer Jarrett nur von
den einschmeichelnden Serenaden
und rollenden Blues- und Gospel-Stü-
cken der jüngeren Solokonzerte her
kennt (vielleicht sogar die eingestreu-
ten kantigeren, freien Kurzimprovisa-
tionen mit der Fernbedienung über-
springt), liefert sich einer echten He-
rausforderung aus. Wer vor Exerzitien
nicht zurückschreckt, sollte sich da-
rauf ein lassen.
Reiner Fl. Nitschke
MUSIK (NO END)
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KLANG (NO END)
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MUSIK (CONCERTS)
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KLANG (CONCERTS)
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STEREO 1/2014 137